die Tempelmönche
machen den Tag zur Nacht mit
Ahornblattsternen

die Tempelmönche
machen den Tag zur Nacht mit
Ahornblattsternen

tausend Balkone
aber auf keinem ein Mensch
nur feuchte Wäsche
sie liest im Gehen
ihr nackter Nabel behält
den Weg im Auge
版画士藏館
hinter dem Vorhang
mischen zwei Frauen kichernd
fischige Süppchen
vier alte Damen
mit Rhabarberblatthüten
besuchen Buddha

mein Schweiß von gestern
wabert heute als Nebel
um seine Hüften

vor meinen Augen
hängen aus lappigen Shorts
schwitzige Schenkel
wie schön wär der Teich
wenn ihn nicht von tief unten
Karpfen verbeulten

zwei alte Wachteln
sie gurren und nicken als
pickten sie Körnchen

wie Wein im Karton
ihr Kopf an meinen Füßen
und vice versa

suchst du den Tempel
frag fromme alte Frauen
die wissen den Weg

China Airlines backt
Blauetraubenbrustwarzen
auf süße Törtchen

in weißen Milchschaum
faucht brauner Kaffee aus gleich
zwei Nasenlöchern

es dauert nicht lang
dann werden hier Kinder auf
Rollern geboren

„Mir kam der Gedanke, dass in nicht allzu ferner Zeit hiesige Gynäkologen und Hebammen der Welt die Geburt, besser: die Ausfahrt des ersten Rollerkindes werden mitteilen können, durch dessen Nabelschnur eitel Benzin rann, das fix und fertig und betankt und fahrbereit ist und nur noch einmal rasch zur nächsten Waschanlage sausen muß.“ (Tagebuch Taibei 1991)
der Slip am Türknauf
sagt mir nach Adam Riese
sie hat ihn nicht an
kaum wälzt sich Zenzi
ins Zelt schon zischt die Luft aus
ihrer Matratze
ein Beitrag zur meteorologischen Forschung
es regnet so sehr
da ist gewiss mehr Wasser
als Luft in der Luft

Gürtel verloren
gleich rutscht der Hosenboden
ins Bodenlose

(Philosophy in the Bedroom)
ein Spannbettlaken
spannt keineswegs es hat noch
nicht einmal Augen

das Hündchen zwar klein
die Ohren aber oho
als könnt es fliegen

Haarlockenschlangen
fliehen vor ihrem Gesicht
in jede Richtung

traf ich sie schlief ich
unweigerlich ein sie war
wie Schäfchenzählen
ein dicker Brummer
Fensterscheiben sind seine
Windmühlenflügel

kein einziges U
die Allesklebereule
nur noch ein Hauch

das H verloren
jetzt bleiben uns allenfalls
Ose und Öschen

knisternde Rinden
im Gras die Parkplatanen
sind in der Mauser
er sei kein Wüstling
bei Frauen gebe er sich
meist völlig harmlos

der Wald ist so still
man hört die welken Blätter
im Fallen knistern

um ihre Knöchel
Teekannentropfenfänger
aus weißer Spitze

schwebende Schirme
und unter jedem baumelt
und strampelt ein Mensch

aus meinem Rucksack
nicht wegzuwaschen der Schweiß
hunderter Wege

Schülerinnen von
Kuscheltierchen befallen
wandelnde Wildparks

ich meditiere
Ameisen nagen derweil
an meinem Sitzfleisch
Schal vor dem Mund
auf altem Fahrrad bergauf
Greisin mit Schlapphut

ein Kicherdrachen
knallbunte Schirme über
Wadengewimmel

der Mönch am Fenster
blickt in den grünen Garten
und denkt sich sein Teil

es tropft in den Teich
die Frösche glauben es klopft
und quaken Herein!
wo früher Weg war
gluckst jetzt ein munterer Bach
fehlen nur Fische

der arme Pilger
hört sich selber nicht beten
der Bach rauscht zu laut
Standbilder lagern
in Kisten Kannon verreist
ins Kunstmuseum

wie aus Versehen
lupft sie ihr Kleid und lauert
ob ich auch gucke

Nicht Fiktion, sondern realistische Reportage: Der Autor wäre niemals in der Lage, sich etwas Derartiges auszudenken!
im steilen Bergwald
nach langer Zeit mal wieder
Dreck am Stecken
in Bashos Weiher
plumpst nicht ein Frosch Lyrik
kommt aus der Mode
Matsuo Basho (1644 – 1694): Frosch
der alte Weiher
ein Frosch springt hinein
der Klang des Wassers
Frau Vollmondgesicht
verlangt vom Fotografen
ihr Bild auf Schmalfilm

der Regen schraffiert
das bunte Ölbild der Stadt
zur Bleistiftzeichnung

ich male mir aus
er turnt als kleiner Vogel
in ihren Ästen

flott übersetzt er
was jeder ohnehin sieht
ins Kauderwelsche
ihr Schädel klemmt fest
im Popkopfhörerschraubstock
wie soll sie denken?

das Telefon reist
im Gesäßtaschennotsitz
dort wird ihm übel
vier Fenster in der
Türe zum Bad erlauben
jetzt endlich Durchblick

grellbunte Bücher
kreischen sie seien ganz neu
ich höre nicht hin
ein Milchglashimmel
verbirgt schon seit Tagen die
Beine der Engel

gnädige Wolken
ersparen uns Blicke auf
Engel von unten
die jungen Meisen
quietschen wirklich entsetzlich
kann man die ölen?
sie sind zerstritten
nur ihre Fürze fahren
einig zum Himmel
Wolkentürme wie
Opernkulissen aber
ach keine Diva

überall Wasser
verirrte Enten watscheln
vom Fluss zum Bahnhof

Das Foto dokumentiert die Situation am Abend des 22. Mai 2024: Eine erste Ente hat den Lübecker Bahnhofsvorplatz erreicht und lauscht erhobenen Hauptes der Lautsprecherstimme aus der Halle. Kiel? Rostock? Hamburg? Lüneburg? Wie das Tierchern sich entschieden hat, konnte bislang nicht ermittelt werden.
von ihrer Wange
das Blätterschattentattoo
plötzlich verschwunden
ein Hosenbund klafft
leider kein Eis es hinten
hineinzuschnipsen

zwar blickt sie finster
aber ihr Hüftschwung verrät
sie kann auch anders

gern hülfe ich ihr
im Teeküchendämmer brav
beim Brötchenschmieren

schon mit zwei Jahren
stürzte er sich verwegen
von allen Stühlen

Radlerhosen sind
heute beinah dünner als
trüge man gar nichts

Dieser Vers ist möglicherweise nicht ganz korrekt formuliert. Das sollte aber über die in ihm enthaltene tiefe Wahrheit keinesfalls hinwegtäuschen.
sie bürstet und sagt
jetzt nur noch obeninnen
so weit sind wir schon
Radfahrer rasen
als wollten sie Jesus noch
rasch überholen
beim Zahnsteinkratzen
trifft mich ihr schwerer Busen
wie Boxhandschuhe

der Arzt nebenan
kann nicht nur Menschen der kann
auch Rasenmäher

die Linden grünen
nicht nur am Kopf sie grünen
auch an den Beinen
Hemdchen und Höschen
Handtücher Socken und Schaum
ein Kurzwaschprogramm

Japan-Rundreise (10 Tage einschließlich Flüge) – „Erlebnisse: Besichtigung des Meiji-Schreins – Besuch der Takeshita-Straße und des Omotesando Boulevards – Besuch des traditionellen Stadtteils Asakusa – Besuch des Nikko Nationalparks mit Toshogu-Schrein (UNESCO-Weltkulturerbe) – Besichtigung des Hasedera-Tempels in Kamakura – Fotostopp im Fuji Hakone Nationalpark mit Fotomotiv des Vulkans Fuji – Übernachtung in einem traditionellen Ryokan – Baden in einem typischen japanischen Onsen (Thermalbad) – Fahrt mit dem Schinkansen – Besichtigung der „Burg des weißen Reihers“ (UNESCO-Weltkulturerbe) – Besuch des Todai-ji-Tempels in Nara (UNESCO-Weltkulturerbe) – Spaziergang zum Kasuga-Schrein – Besichtigung des Fushimi-Inari-Schreins – Stadtbesichtigung in Kyoto mit Besuch des Ryoanji-Tempels mit Gärten (UNESCO-Weltkulturerbe) – Besuch des Nijo-Schlosses – Schlendern durch die Nishiki-Martktstrasse – Besuch des Ninenzaka-Viertels in Kyoto – Einführung in die Zen-Meditation im Kodaji-Tempel“ [Originalprospekt]
der Weg versperrt durch
zehn Meter Leine zwischen
Frauchen und Fido

Der Möwerich kreischt laut und schrill,
die Möwe zu betören.
Das Vieh darf kreischen. Ich bin still
und muss sein Kreischen hören.
Die Lerche tiriliert vor Lust.
Die Frühlingswinde rauschen.
Fern blökt ein Schaf aus woller Brust.
Und ich muss schweigend lauschen.
Dumpf muht die Kuh, vom Grase satt,
im Kreise ihrer Kälber.
Nur abends spät, in meinem Bad,
muh ich dann auch mal selber.

der Himmel bleibt grau
trotzig wähle ich deshalb
ein blaues Höschen

die Regentropfen
spritzen vom Boden zurück
bis (fast) zum Himmel

Frau Schultze isst,
wenn Hüftspeck droht,
tagtäglich nur noch
Knäckebrot.
Legt man das Ohr
an ihren Busen,
hört man es knistern
dort beim Schmusen.
Wie?! – fragt man sich,
Bricht jetzt ihr Herz?!
Nein: Knäcke knuspert
magenwärts.

Höchst böse ist der Anti-Christ!
Der Anti-Mops ist gut:
Das ist ein kleiner, dicker Hund,
der niemand etwas tut.
Der schnuppert still an dir herum
und wittert deinen Speck
an Schenkeln, Bauch, Popo und so
und knabbert ihn dir weg.

die grünen Bäume
plötzlich mit weißen Blüten
völlig verschimmelt

die Rehe im Gras
folgen uns mit den Ohren
verstehen die Deutsch?

Kein Mondschein
– nur der Leuchtturm leuchtet.
Die Wiesen sind vom Tau befeuchtet.
Die Kühe stehen schwarz und breit
wie Truhen in der Dunkelheit.
Die Reetdachhäuser und die Dünen,
die Gräber langverblichner Hünen,
rings tiefgeduckt nach Sylter Norm
in windbewährter Hügelform.
Nichts hügelt, ach, in meiner Kammer,
kein Tau befeuchtet meinen Jammer!
Welch öder Stundenausverkauf!
Von Niebüll her zieht Nebel auf.

So lang bist du schon weg!
Wie soll ich für dich reimen?
Muss mir mein Bild von dir
allein zusammenleimen:
2 Gipsfüße aus dem Fußpflegesalon
10 Knoblauchzehenspitzen
2 Dekowaden aus der Damenstrumpfabteilung
2 Rohrknie aus dem Heizungskeller
2 Marmorsäulchen vom Familiengrab
1 rotes Dreieck aus dem Mengenlehrebuch
1 frisches Brötchen vom Bäcker
2 Honigmelonen vom Gemüsemarkt
1 bleicher Torso aus dem Kriminalmuseum
1 Kullernabel aus dem Flipperautomaten
2 Zitronen aus dem Land, wo sie blühn,
2 Walderdbeeren aus dem Obstkörbchen
2 Arme von 2 einarmigen Banditen
10 Finger aus einem Schreibmaschinenkurs
119 836 Haare von einer Füchsin aus Brehms Tierleben
3 957 braune Sommersprossen aus der geplatzten Kaffeekanne
1 Gesicht von einem alten, schwarzweißen Passfoto und
1 grin of the Cheshire Cat (1).
Ich zücke meinen Kleisterstift
und grobes Packpapier
und klebe alles richtig auf:
Dann ist’s, als wärst du hier.

(1) „All right,“ said the [Cheshire] Cat; and this time it vanished quite slowly, beginning with the end of the tail, and ending with the grin, which remained some time after the rest of it had gone. (Lewis Carroll, ‚Alice in Wonderland‘)
(2001)
Wenn im Tal der Karawanken
abends all die süßen, schlanken,
frischen, frommen, freien, franken
Maderln an der Liebe kranken,
wenn im Parke auf den Banken
harte Burschen ihre Pranken
ohne Wanken, ohne Schranken
um der zarten Maderln blanken
Hals wie Krakenarme ranken,
bangen wir, die morschen Planken
jener Banken könnten schwanken.
Doch die halten – gottseidanken!

Karawanken: Kalkkette der Südalpen im österreichisch-slowenischen Grenzgebiet
Heut abend sind das Watt,
das Röhricht und die Heide
so dunkel wie ein Sack,
der siebenfach verschnürt.
Die Kühe stehen schwarz
und reglos auf der Weide.
Der Wind haucht nur ganz sacht,
so dass man ihn kaum spürt.
Die Vöglein schweigen nun.
Ein jähes Rebhuhn flattert,
erschreckt durch meinen Schritt,
mit schnurrem Flügelschlag.
Ein sturmverbogner Strauch.
Ein träumend Entchen schnattert.
Danach bleibt alles still:
So endet dieser Tag.
Der Leuchtturm auf dem Kliff
wirkt seltsam erdentbunden.
Sein Riesenauge blinkt,
sein Armepaar wirft Licht
hell – dunkel – hell
in immergleichen Runden
hinaus aufs nasse Meer.
Mich sieht der Leuchtturm nicht.
Ich wandere allein.
Die Liebste ist so ferne!
In ihrem Heidekraut –
ein andrer Enterich?
Die Wolken teilen sich,
vereinzelt blinken Sterne.
Der Wind frischt langsam auf.
Bald wird es winterlich.
(2000)
Wenn Ebbe herrscht, erscheint das Watt
bedrückend feucht und groß und platt.
Man sieht dort statt markanter Klippen
nur nassen Sand mit feinen Rippen.
Ein Rettungsring, wohl weitgereist;
hier Tang, dort Netzgeflecht;
obwohl das Strandgut Strandgut heißt:
Ich finde Strandgut schlecht.
Auch wenn im Sand der Wattwurm nagt,
auch wenn die Möwe schreit:
Stilistisch hat das Watt versagt:
Es ist nur flach und weit.
(2000)
Farbfotos zeigen
wo man wär es nicht diesig
den Fuji sähe

die massige Frau
in der kleinen Toilette
ob da noch Luft bleibt?

statt meines Hemdes
den Duschvorhang in meine
Hose gefummelt
beinah ein Engel
quöllen aus ihr nicht dauernd
Kaugummiblasen

einst bunt und schummrig
heute taghell beleuchtet
nichts zu entdecken
Shibuya 109 ist ein Jugendmodekaufhaus in der Nähe der weltbekannten „Alle-Gehen-Kreuzung“, dessen Läden kürzlich durch eine Modernisierung, vor allem durch helle, grellweiße Beleuchtung, ihren alten Charme verloren haben.
sonst immer Nebel
jetzt bei Sonne den Fuji
fast übersehen

auf turmhohen Pumps
schnuppert sie frühlingstrunken
an Pflaumenblüten

erst Schnee dann Sonne
die Zedernholzsäulen nun
duften sie wieder

Yokawa Chu-do und Konpon Chu-do
kein Bergkamm sondern
ein Drachenschwanz man keucht von
Zacke zu Zacke

schwarze Blüten aus
Tuch mit Staubgefäßen aus
blassgelbem Nylon

trotz Kirschbaumblüte
in Japan riecht fast alles
ein bisschen nach Fisch
man warnt vor Bären
wir weichen aus und landen
in Kälte und Schnee

statt eines Kleides
trägt sie ein weißes Laken
noch ist es windstill

das alte Rollbild
und ich beide bei Sonne
ziemlich zerknittert
die Mädchen hüpfen
zum Unterricht die Jungen
schlurfen zur Schlachtbank

tempeleigener
Kirschbaum an Krücken uralt
und immer noch fromm

ab und zu bietet
ein winziges Röckchen
den Hosen Paroli

die Schlafmütze nachts
vom Kopf gerutscht ich träume
vom hohen Norden

nicht nur die Weisheit
sondern sogar den Käse
mit Löffeln gefressen

wattierte Mäntel
und Elefantenhosen
wo sind die Menschen?

links ist sie braun
rechts ist sie blond wie ach
ist ihre Mitte?

bleiche Gesichter
unter pechschwarzen Kohlen
Klatschmohn im Schnee

sie ist ein Leuchtturm
steht reglos und schweigt und lässt
ihr Lächeln kreiseln

zwei fade Köpfe
unter dem Tisch dagegen
vier lustige Knie

der Frühling noch weit
nur auf dem grünen Rasen
blüht schon der Maulwurf
verstohlen trägt sie
den nackten Weihnachtsbaumstrunk
leise nach draußen
der Park ist patschnass
die Enten schwanken zwischen
Watscheln und Paddeln

neben dem Feldweg
scheppert die Blechlaterne
da hämmert ein Specht
statt auf dem Rücksitz
liebt man sich heute heimlich
im Lastenfahrrad

kaum hochgewuchtet
gönnt sich die Ballerina
ein kleines Schläfchen

Spagatsprung zu dritt
pro Ballerina macht das
genau zwei Beine

sie ist das Segel
er Mast und Takelage
sie beide das Boot

die Ballerina
nach siebzehn Pirouetten
völlig verheddert

mal Campanile
mal Tour Eiffel die Füße
stets in Bewegung

ihr Kopf ist schon da
unten läuft sie sich selber
noch flott hinterher

mein eignes Fenster
vom Vollmond auf die Wand des
Nachbarn gespiegelt

sein grelles Trikot
ist ihm zu Kopf gestiegen
er radelt Amok

ein Reiher im Baum
hält der die kleinen Vögel
etwa für Fische?

Ulrike mag ich
wie Linsensuppe beide
sind mir nie über

nachher dran Denken
ist häufig viel schöner als
vorher Erleben

statt sanfter Lippen
ein praller Zwillingsreifen
was meint sie damit?

die Welt im Aufruhr
aber die Schuhe im Schrank
streng parallel
beim Anblick der Welt
runzelt der Himmel die Stirn
durchaus verständlich

die Straßenlampen
trauen dem Braten noch nicht
und leuchten weiter

was Nacktschnecke scheint
erweist sich am Ende oft
als Gänseköttel
leuchteten Krähen
wäre der Stadtpark des Nachts
voller Laternen

quirlige Beine
mit Maschendrahtnylons strikt
im Zaum gehalten

der Maschsee friert zu
bald stoßen die Karpfen sich
wieder die Köpfe

ist ihr Freund auswärts
winkt ihre Hand ansonsten
ach ihre Füße

Fensterblick 1978; Haiku 2016; Zeichnung 2024 anlässlich des Hitchcock-Films „Das Fenster zum Hof“
vorn schwankt sie nach links
und hinten schwankt sie nach rechts
als wär sie zu zweit
ein Blesshuhn fliegt auf
im schwarzen Teich eine Naht
aus Flossenstapfen

ratlose Krähen
vor überschwemmten Wegen
kein Weiterkommen

Ochse und Esel
halten sich raus die schwänzen
das Hosianna

offen Oremus
heimlich schliefen die Eltern
Decamerone

Oremus: lateinisch „Lasset uns beten“; damals der Name des Gebet- und Gesangbuchs des Bistums Aachen
Decamerone: Novellenzyklus von Giovanni Boccaccio, ca. 1350; erotisch freizügig, in der Vergangenheit immer wieder als anstößig empfunden und bisweilen zensiert oder verboten
regenschwangerer
Sturm bläst fette Kalotten
zu dürren Kegeln

Dezemberregen
der Weihnachtsbaum zeigt sich mit
Hut und Gummistiefel

mein Ofen schmückt sich
mit lippenstiftroter Glut
bevor er ausgeht

die sind erst am Ziel
wenn alle ähnlich fad sind
wie ihresgleichen
If you‘re the type of person to revel in someone getting cancelled for somewhat they said ten years ago you’re just ensuring that one day you’ll be cancelled for somewhat you said today. You can’t predict what’ll be offensive in the future: You don’t know who the dominant mob will be. (Ricky Gervais)

ein Asterixhaar
mitten auf meiner Wange
trotzt dem Rasierer
schon im November
Orangenhautkrater im
Schokolebkuchen!
über die Jahre
kommt es mir vor als liefen
die Kerzen im Kreis

kein Mondschein nur das
Licht der Putzkolonne ganz
oben im Hochhaus

im Rotlichtviertel
fesseln die Freier Frauen
mit Lichterketten

Opernkritik frei nach Franz Kafka
Romeo stirbt und
Julia weint und ich muss
tatenlos zusehn
Fachleute warnen
künstliche Wimpern machen
haarige Augen

eine Warnung
kein Wort über Schnee!
sonst schmelzen die Verse dir
unter der Feder

sie reist zur Ostsee
zu Hause träumt ihr Kater
traurig von Sprotten

Spitze und Strapse
unter biederen Röcken
Licht unter Scheffeln

Kamelhaardecke
Vorsicht! kaum liegst du drunter
bilden sich Höcker
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