Sportmode

Radlerhosen sind
heute beinah dünner als
trüge man gar nichts

Dieser Vers ist möglicherweise nicht ganz korrekt formuliert. Das sollte aber über die in ihm enthaltene tiefe Wahrheit keinesfalls hinwegtäuschen.

Blitz-Rundreise

Hemdchen und Höschen
Handtücher Socken und Schaum
ein Kurzwaschprogramm

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Japan-Rundreise (10 Tage einschließlich Flüge) – „Erlebnisse: Besichtigung des Meiji-Schreins – Besuch der Takeshita-Straße und des Omotesando Boulevards – Besuch des traditionellen Stadtteils Asakusa – Besuch des Nikko Nationalparks mit Toshogu-Schrein (UNESCO-Weltkulturerbe) – Besichtigung des Hasedera-Tempels in Kamakura – Fotostopp im Fuji Hakone Nationalpark mit Fotomotiv des Vulkans Fuji – Übernachtung in einem traditionellen Ryokan – Baden in einem typischen japanischen Onsen (Thermalbad) – Fahrt mit dem Schinkansen – Besichtigung der „Burg des weißen Reihers“ (UNESCO-Weltkulturerbe) – Besuch des Todai-ji-Tempels in Nara (UNESCO-Weltkulturerbe) – Spaziergang zum Kasuga-Schrein – Besichtigung des Fushimi-Inari-Schreins – Stadtbesichtigung in Kyoto mit Besuch des Ryoanji-Tempels mit Gärten (UNESCO-Weltkulturerbe) – Besuch des Nijo-Schlosses – Schlendern durch die Nishiki-Martktstrasse – Besuch des Ninenzaka-Viertels in Kyoto – Einführung in die Zen-Meditation im Kodaji-Tempel“  [Originalprospekt]

Frühlingsgeräusche

Der Möwerich kreischt laut und schrill,
die Möwe zu betören.
Das Vieh darf kreischen. Ich bin still
und muss sein Kreischen hören.

Die Lerche tiriliert vor Lust.
Die Frühlingswinde rauschen.
Fern blökt ein Schaf aus woller Brust.
Und ich muss schweigend lauschen.

Dumpf muht die Kuh, vom Grase satt,
im Kreise ihrer Kälber.
Nur abends spät, in meinem Bad,
muh ich dann auch mal selber.

Frau Schultze

Frau Schultze isst,
wenn Hüftspeck droht,
tagtäglich nur noch
Knäckebrot.
Legt man das Ohr
an ihren Busen,
hört man es knistern
dort beim Schmusen.
Wie?! – fragt man sich,
Bricht jetzt ihr Herz?!
Nein: Knäcke knuspert
magenwärts.

Anti-Mops

Höchst böse ist der Anti-Christ!
Der Anti-Mops ist gut:
Das ist ein kleiner, dicker Hund,
der niemand etwas tut.

Der schnuppert still an dir herum
und wittert deinen Speck
an Schenkeln, Bauch, Popo und so
und knabbert ihn dir weg.


Herbstnacht auf Sylt

Kein Mondschein
– nur der Leuchtturm leuchtet.
Die Wiesen sind vom Tau befeuchtet.
Die Kühe stehen schwarz und breit
wie Truhen in der Dunkelheit.

Die Reetdachhäuser und die Dünen,
die Gräber langverblichner Hünen,
rings tiefgeduckt nach Sylter Norm
in windbewährter Hügelform.

Nichts hügelt, ach, in meiner Kammer,
kein Tau befeuchtet meinen Jammer!
Welch öder Stundenausverkauf!
Von Niebüll her zieht Nebel auf.



nacht

Ferne Muse. Eine Collage.

So lang bist du schon weg!
Wie soll ich für dich reimen?
Muss mir mein Bild von dir
allein zusammenleimen:

2 Gipsfüße aus dem Fußpflegesalon
10 Knoblauchzehenspitzen
2 Dekowaden aus der Damenstrumpfabteilung
2 Rohrknie aus dem Heizungskeller
2 Marmorsäulchen vom Familiengrab
1 rotes Dreieck aus dem Mengenlehrebuch
1 frisches Brötchen vom Bäcker
2 Honigmelonen vom Gemüsemarkt
1 bleicher Torso aus dem Kriminalmuseum
1 Kullernabel aus dem Flipperautomaten
2 Zitronen aus dem Land, wo sie blühn,
2 Walderdbeeren aus dem Obstkörbchen
2 Arme von 2 einarmigen Banditen
10 Finger aus einem Schreibmaschinenkurs
119 836 Haare von einer Füchsin aus Brehms Tierleben
3 957 braune Sommersprossen aus der geplatzten Kaffeekanne
1 Gesicht von einem alten, schwarzweißen Passfoto und
1 grin of the Cheshire Cat (1).

Ich zücke meinen Kleisterstift
und grobes Packpapier
und klebe alles richtig auf:
Dann ist’s, als wärst du hier.


collage

(1) „All right,“ said the [Cheshire] Cat; and this time it vanished quite slowly, beginning with the end of the tail, and ending with the grin, which remained some time after the rest of it had gone. (Lewis Carroll, ‚Alice in Wonderland‘)

(2001)

Karawankenlied

Wenn im Tal der Karawanken
abends all die süßen, schlanken,
frischen, frommen, freien, franken
Maderln an der Liebe kranken,

wenn im Parke auf den Banken
harte Burschen ihre Pranken
ohne Wanken, ohne Schranken
um der zarten Maderln blanken

Hals wie Krakenarme ranken,
bangen wir, die morschen Planken
jener Banken könnten schwanken.
Doch die halten – gottseidanken!

kara

Karawanken: Kalkkette der Südalpen im österreichisch-slowenischen Grenzgebiet

Herbstlicher Abendspaziergang auf Sylt

Heut abend sind das Watt,
das Röhricht und die Heide
so dunkel wie ein Sack,
der siebenfach verschnürt.
Die Kühe stehen schwarz
und reglos auf der Weide.
Der Wind haucht nur ganz sacht,
so dass man ihn kaum spürt.

Die Vöglein schweigen nun.
Ein jähes Rebhuhn flattert,
erschreckt durch meinen Schritt,
mit schnurrem Flügelschlag.
Ein sturmverbogner Strauch.
Ein träumend Entchen schnattert.
Danach bleibt alles still:
So endet dieser Tag.

Der Leuchtturm auf dem Kliff
wirkt seltsam erdentbunden.
Sein Riesenauge blinkt,
sein Armepaar wirft Licht
hell – dunkel – hell
in immergleichen Runden
hinaus aufs nasse Meer.
Mich sieht der Leuchtturm nicht.

Ich wandere allein.
Die Liebste ist so ferne!
In ihrem Heidekraut –
ein andrer Enterich?
Die Wolken teilen sich,
vereinzelt blinken Sterne.
Der Wind frischt langsam auf.
Bald wird es winterlich.

(2000)

Das Watt

Wenn Ebbe herrscht, erscheint das Watt
bedrückend feucht und groß und platt.
Man sieht dort statt markanter Klippen
nur nassen Sand mit feinen Rippen.

Ein Rettungsring, wohl weitgereist;
hier Tang, dort Netzgeflecht;
obwohl das Strandgut Strandgut heißt:
Ich finde Strandgut schlecht.

Auch wenn im Sand der Wattwurm nagt,
auch wenn die Möwe schreit:
Stilistisch hat das Watt versagt:
Es ist nur flach und weit.

(2000)

Shibuya 109

einst bunt und schummrig
heute taghell beleuchtet
nichts zu entdecken


Shibuya 109 ist ein Jugendmodekaufhaus in der Nähe der weltbekannten „Alle-Gehen-Kreuzung“, dessen Läden kürzlich durch eine Modernisierung, vor allem durch helle, grellweiße Beleuchtung, ihren alten Charme verloren haben.

Weihnachtslektüre 1960

offen Oremus
heimlich schliefen die Eltern
Decamerone

 

oremus

Oremus: lateinisch „Lasset uns beten“; damals der Name des Gebet- und Gesangbuchs des Bistums Aachen

Decamerone: Novellenzyklus von Giovanni Boccaccio, ca. 1350; erotisch freizügig, in der Vergangenheit immer wieder als anstößig empfunden und bisweilen zensiert oder verboten

Die Empörten

die sind erst am Ziel
wenn alle ähnlich fad sind
wie ihresgleichen

If you‘re the type of person to revel in someone getting cancelled for somewhat they said ten years ago you’re just ensuring that one day you’ll be cancelled for somewhat you said today. You can’t predict what’ll be offensive in the future: You don’t know who the dominant mob will be. (Ricky Gervais)

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Zurück ins Büro

nach William Carlos Williams (1883-1963)

zwei junge Damen
Sexgaleonen
mit prallen Segeln

schlingern und schwanken
einträchtig über
die breite Treppe

eine von beiden
(ich folge langsam
mit dem Passatwind

meiner Verehrung)
klapst sich im Gehen
sanft auf die Schenkel

The Return to Work

by William Carlos Williams

Promenading their
skirted galleons of sex,
the two office assistants

rock unevenly
together
down the broad stairs,

one
(as I follow slowly
in the trade wind

of my admiration)
gently
slapping her thighs.