ferne Laterne
auf der Tapete tanzen
zwei Kiefernzweige
Kategorie-Archiv für Nordsee Ostsee
Novemberstrand
kein Badebetrieb
die Möwen verreist nur noch
zwei Krähen und ich
Tierkunde für Nordseeurlauber
das Schaf als Wollknäul
auf Streichholzbeinen
wird oft vom Wind von
der Wiese gefegt
der Seehund aber
sollte man meinen
ist technisch sicher
weil tiefergelegt
Marie am Meer
Hühnergötter
die Löcher leuchten
die groben Steine
wirken dagegen
dunkel und krumm
trotzdem sollte man
sie nicht verachten
was ist ein Loch schon
ohne was drum?
Hui Dsï sprach zu Dschuang Dsï: „Ihr redet von Unnötigem.“ Dschuang Dsï sagte: „Erst muss einer das Unnötige erkennen, ehe man mit ihm vom Nötigen reden kann. Die Erde ist ja weit und groß, und doch braucht der Mensch, um zu stehen, nur soviel Platz, dass er seinen Fuß darauf setzen kann. Wenn aber unmittelbar neben dem Fuß ein Riß entstünde bis hinab zu der Unterwelt, wäre ihm dann der Platz, worauf er steht, noch zu etwas nütze?“ Hui Dsï sagte: „Er wäre ihm nichts mehr nütze.“ Dschuang Dsï sagte: „Daraus ergibt sich klar die Notwendigkeit des Unnötigen.“
(Dschuang Dsi: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Aus dem Chinesischen übertragen und erläutert von Richard Wilhelm. München: Diederichs 1991. 281)
惠子謂莊子曰:「子言無用。」莊子曰:「知無用而始可與言用矣。天地非不廣且大也,人之所用容足耳,然則廁足而墊之致黃泉,人尚有用乎?」惠子曰:「無用。」莊子曰:「然則無用之為用也亦明矣。」
Märzmorgen am Prerower Strand
Selbstgewählte Einsamkeit
am Ostseeufer
hinter den Dünen
krumme Kiefern und
Krähengeschrei
fernab von allem
ziehen die Stunden
die mir noch bleiben
an mir vorbei
蔔擇幽居地
天臺更莫言
猿啼溪霧冷
嶽色草門連
折葉覆松室
開池引澗泉
已甘休萬事
采蕨度殘年
I chose a secluded place to live
Tientai says it all
gibbons howl and the stream fog is cold
a view of the peak adjoins my rush door
I cut some thatch to roof a pine hut
I made a pool and channeled the spring
glad at last to put everything down
picking ferns I pass the years left
(Han Shan, fl. 730-850. The collected songs of Cold Mountain / translated by Red Pine. Port Townsend, Washington 2000. 88f., 79)
Teeschale mit sogenannten Windflüchtern
die krummen Kiefern
sind mir die liebsten
flüchten habe ich
keine gesehen
die sind zwar manchmal
zerzaust und verweht
aber sie bleiben
unverzagt stehen
Windflüchter sind Bäume und Sträucher, die ihre Form durch den meist aus nur einer Richtung wehenden Wind erhalten. Die Schale stammt aus der Werkstatt von Friedemann Löber im Dornenhaus in Ahrenshoop.
Marienkirche Stralsund
Haute cuisine in Ahrenshoop
kein Koch zu sehen
die Kellnerin murkst
mit Plastikeimern
und einer Kelle
dann schiebt sie das Zeug
nach Feinschmeckerart
zum Aufwärmen in
die Mikrowelle
Ahrenshoop
Déjà-vu
Im Wald
Vor Sonnenaufgang
Nacht über Prerow
Februar in Prerow
Strandspaziergang in Travemünde
Nebel und Tod
(Sylt 1999)
wo gestern noch der Leuchtturm stand,
heut morgen eine Nebelwand
ein graues fahles stilles Schweben
schluckt Form und Farbe Klang und Leben
nicht Wald noch Wiese nicht mal Kühe
kein Traktor tuckert durch die Frühe
kein Wind kein Möwenflugverkehr
die Wirklichkeit sie wirkt nicht mehr
so muß der Tod sein kein Objekt
das mich zum Subjekt macht und neckt
nicht mal ein Gott der grausam richtet
nur noch das Nichts das friedlich nichtet
Frühlingsgeräusche
(Sylt 2001)
der Möwerich kreischt laut und schrill
die Möwe zu betören
das Tier darf kreischen ich bin still
und muss sein Kreischen hören
im Buschwerk bellen zwei vor Lust
die Frühlingswinde rauschen
fern blökt ein Schaf aus woller Brust
und ich muss schweigend lauschen
die Frau im Nachbarstrandkorb schnappt
den Straps aus schwarzer Seide
auf ihren Schenkel dass es flappt
und ich vernehms und leide
dumpf muht die Kuh vom Grase satt
im Kreise ihrer Kälber
nur abends spät in meinem Bad
muh ich dann auch mal selber
Schneesturm auf Amrum
Stranddetektiv
Amrumer Frühling
Dann eben der
Mare TV
Amrumer Elegie
Küstenkitsch
Sturm
(Sylt / Amrum)
Nacht Sturm treibt schräg Schnee
fern tobt wild Nord See
Feld erst schwarz dann weiß
Baum tanzt rings blinkt Eis
gelb glänzt Licht im Dach
ein Mann sitzt noch wach
schweigt lacht trinkt still Schnaps
träumt von Bein mit Straps
Parodie auf ein klassisches chinesisches Gedicht: Solche Gedichte zeichnen sich aus durch einsilbige Wörter und videoclipartige Bilderfolgen sowie dadurch, dass nur ein Teil der syntaktischen Bezüge ausgedrückt und Phrasengrenzen nicht markiert werden.
Sturmnacht
Kommando zurück!
Vorfrühling auf Amrum
Zen am Strand
Nordseeabend
Schattenspiellampen in der Schiffergesellschaft
Oberkellner in der Schiffergesellschaft
Lübecker Marienkirche
Syltgedycht
Nordfriesischer Bauer
(Amrum)
er sieht mich kommen
blinzelt ins Weite
knurrt irgendetwas
runzelt die Stirn
und zieht sich langsam
das schwere breite
innere Reetdach
übers Gehirn
Aussichtspunkt
(Amrum)
ich raffe mich auf
und xylophone
die Bohlentreppe
zur Dünenkrone
schließe dann oben
scharf wie ein Messer
man sieht zwar weiter
aber nicht besser
Allein auf Amrum
ich steig auf Dünen
stapf tapfer durch Sand
trotze heroisch
den Stürmen am Strand
und kein Mensch sieht es
und kein Mensch hört es
einziger Vorteil
niemanden stört es
Begegnung
(Amrum)
es zottelt schwarzbraun
auf grüner Wiese
im Drahtzaungeviert
tagtäglich allein
ich mag es es ist
so unprätentiös
und ganz zufrieden
ein Schäfchen zu sein
Medienkompetenz
Mansardentraum
(Amrum)
ein Engel reitet
stets in der Nacht
spärlich bekleidet
auf meinem Dachfirst
ich hätte mir das
viel schöner gedacht
du siehst nur Schenkel
wenn du mal wach wirst
„Fantasy“
Regentag auf Amrum
vor meinen Fenstern
überall Wasser
wenn dieser Insel
der Untergang droht
dann sind die Fische
halt meine Möwen
und die Mansarde
mein Unterseeboot
Sieben weiße Höschen
Dachstübchen auf Amrum
ich hab hier Fenster
in alle Winde
und lasse suchend
die Blicke schweifen
nichts ist zu sehen
oh weh ich finde
statt hübscher Möwen
nur Nebelstreifen
Amrumer Kontraste
dort auf der Leine
schneeweiße Höschen
friesischer Frauen
innigste Hülle
zehn Schritte weiter
verspritzt ein Bauer
von seinem Trecker
gelbliche Gülle
Winter in Travemünde
zwei Küstenschenkel
zur Ostsee gespreizt
wo sie sich treffen
ein nasser Hafen
ein Fischbrötchenort
von Salzluft gebeizt
doch leider leider
schrecklich verschlafen
Warnemünde
grün ragt der Leuchtturm
von Dänemark her
schwappt Tang an schlanke
Gänsehautwaden
rot hängt die Sonne
dicht über dem Meer
absturzbereit am
seidenen Faden
Harley-Treffen 2010
(Lübeck)
Hirschgeweihlenker
Zeitlupenknattern
der Easy Rider
im Fahrtwind ergraut
auf den bebenden
Rücksitz geklammert
mit dampfendem Zwickel
die lederne Braut
Der Höchste
Shanty
(Wremen)
Wasservorhänge
aus schwarzen Wolken
auf grauen Wogen
Schaumkronenhorden
Windorgelklänge
doch dann ungelogen
drei Regenbogen
das ist der Norden
Wremen
Kleiner Preuße heißt
hier der Leuchtturm
schwarzweißgeringelt
schützt er die Küste
sein treues Blinken
leitet den Wattwurm
an seiner Liebsten
bergende Brüste
Café Niederegger
(Lübeck)
überall Kirchen
fast wie in Rom
Sankt Peter Marien
Sankt Jakob der Dom
jedoch die Menschen
in gottlosem Wahn
pilgern nur immer
zu Sankt Marzipán
Lübecker Engel
jenseits der Trave
über den Zinnen
schweben tagtäglich
zwei Engelinnen
rund um die Dächer
von Sankt Marien
sieht man sie luftige
Kreise ziehen
dann landen sie und
kichern und sitzen
sperrangelgrätsch auf
den Kirchturmspitzen
wie auf zwei großen
Kirmesraketen
bis viertel vor sechs
dann fliegen sie beten
Hotel Bernstein II
(Sellin)
am Ostseeufer
Zimmer mit Meerblick
vor meinem Fenster
der Nebel sehr dick
Meerblick ist wichtig
nun seh ich genau
Wolken und Wasser
sind einheitlich grau
Hotel Bernstein I
(Sellin)
jenseits der Düne
nur stahlgraues Meer
gründelnde Schwäne
das Strandcafé leer
und nirgends Nixen
ich wünschte mir sehr
eine ganz kleine
schwömme hierher