(Istanbul)
Bosporuswellen
ein Glas mit Taille
lächelnde Möwen
in blauen Lüften
der Tee schon halb leer
ich schlürfe langsam
die süßen Tropfen
zwischen den Hüften
(Istanbul)
im Sommer dösen
die Leute am Strand
im Herbst dagegen
werden sie wach
reisen in Horden
in fremde Städte
fotografieren
und machen Krach
sie zockeln brav in
Erstklässlerschlange
die Gruppennummer
gleich vorne am Hemd
zum Selbergucken
sind sie zu bange
die Welt sagt der Guide
sei farbig und fremd
für den Basar und
die Blaue Moschee
haben sie höchstens
ein Schulterzucken
in Istanbul sind
sie eigentlich nur
um mal woanders
ins iPhone zu gucken
Rauchopfer zaubern
drei Ehefrauen
aus Japan hierher
in Smartphone-Fenster
ähnlich beschworen
in grauer Vorzeit
die frühen Menschen
ihre Gespenster
(Erenler Nargileh Istanbul)
die Glut im Abteil
fast nicht ertragen
dutzende Mücken
mühsam erschlagen
dann endlich Fahrtwind
nun rattern wir sacht
unter dem Goldmond
durch türkische Nacht
(Istanbul)
das Schlendern auf der
Galatabrücke
im Frühabendrot
plötzlich verdorben
der Bratdunst trifft mich
hart wie ein Faustschlag
die Sprotten stinken
wie längst gestorben
(Istanbul)
um unsern Dachfirst
bald nah bald ferner
Kindergejammer
dann Enterichwut
schließlich gackerndes
Tantengelächter
da mitzulachen
tut wunderlich gut
(Istanbul)
zweifellos männlich
die Minarette
raketig gereckt
zu frommem Schuss
weiblich dagegen
die runden Kuppeln
sowie dazwischen
der Bosporus
(Istanbul)
von allen Türmen
der Blauen Moschee
die Gottesrufe
frommer Gerechter
ich nippe Raki
und blinzle ins Licht
und lobe mir das
Möwengelächter
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